Unsere Philosophie


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Wie ein Muttersprachler lernen – wie ein Nicht-Muttersprachler verstehen

Wir möchten all unseren Schülern ermöglichen, dass sie wie ein Muttersprachler lernen, aber eine Nicht-Muttersprachler Fehleranalyse erhalten. Klingt paradox? Ist es nicht!

Wie ein Muttersprachler lernen bedeutet:

  • In ganzen Sätzen, Kontexten und Ideen zu denken (und nicht in einzelnen Wörtern, Wortlisten, Grammatikendungen und Konjugationstabellen)
    Die Kommunikation zwischen Muttersprachlern ist keineswegs immer fehlerfrei. Die Kommunikation ist jedoch gewährleistet, weil das Gesamtbild stimmt. Die Muttersprachler machen keine Sprechpausen, nur weil sie das eine Wort nicht finden oder vom Dialog-Partner nicht verstehen – sie konzentrieren sich auf die Gesamtbedeutung, auf den ganzen Satz und sprechen weiter. Und siehe da, auch wenn das eine Wort im Satz fehlt, versteht man einander! Wenn ein Muttersprachler ein Wort hört, kommen ihm sofort Kombinationen, Kontexte, Formulierungen in den Sinn, welche sich mit diesem Wort bilden lassen. Ein Nicht-Muttersprachler hingegen sieht es nur als ein einziges Wort, starr, unersetzbar, ihm kommen nicht sofort mögliche Kontexte in den Sinn, in denen das jeweilige Wort normalerweise gebraucht wird. In Sinneinheiten und nicht in einzelnen Wörtern denken: das ist aber auch mit wenigen Sprachkenntnissen möglich!

    Beispiel:
    bestehen – man assoziiert es sofort mit:

  1. eine Prüfung bestehen, eine Probe bestehen, einen Test bestehen oder
  2. eine Gefahr besteht, eine Chance besteht, eine Möglichkeit besteht

  • (Text)Verständnis ist das A und O (und nicht eine grammatische Analyse des Satzes während eines Dialogs)
    Niemand weiss alles. Nehmen wir Muttersprachler mit unterschiedlichen Bildungsniveaus oder aus verschiedenen Fachbereichen, die miteinander kommunizieren müssen: keine Chance, dass ihr Wortschatz identisch ist – der eine wird sicher nicht jedes einzelne Wort seines Dialog-Partners verstehen können. Muss er auch nicht, Hauptsache er versteht die Gesamtidee und kann die Wissenslücken mit Intuition und Bauchgefühl stopfen. Ein Muttersprachler kann das nicht Verstandene ignorieren und am Schluss stellt man fest, dass das nicht Verstandene sowieso nicht wichtig war. Es war vielleicht eine komplizierte Präposition (bezüglich statt über) / eine komische Grammatikform (ich lasse mir das zeigen statt jemand zeigt es mir) oder ein nicht viel verwendetes Bindewort (nichtsdestotrotz statt trotzdem) Die verwendete Grammatik ist egal, keinen kümmert es, ob man Präteritum oder Perfekt verwendet hat, niemand stört sich an einer nicht so korrekten Wortreihenfolge im Satz oder an einer nicht richtig eingesetzten Präposition. Aber während ein Lernender beim ersten nicht verstandenen Wort schon anhält und den Faden verliert, weil er nicht weiss was es bedeutet und dann den Rest des Satzes auch nicht mehr hört, hört ein Muttersprachler zuerst bis am Schluss zu und versteht die Essenz (die gelb markierten Wörter)
    Beispiel:

    Ich wollte mit dir bezüglich unseres Ausfluges in die Berge sprechen. Ich denke, die Route ist ein wenig kompliziert und anstrengend, nichtsdestotrotz möchte ich mitkommen. Ich denke, ich werde mir in den nächsten Tagen ein paar Wander- und Klettertechniken von einem Profi zeigen lassen.

  • Bedeutung erkennen, von einer Grundbedeutung ableiten können (und nicht x einzelne Wörter dazulernen müssen, um sie verstehen zu können)
    Mit lediglich 500 Wörtern im Deutschen kann man sicherlich mehr als 2000 Wörter verstehen – und irgendwann vermutlich auch aktiv bilden. Das machen Muttersprachler tag-täglich: sie bilden Wörter, sie spielen mit den wenigen Wörtern, die sie kennen, um neue entstehen zu lassen.

    Beispiel:
    gehen

    die Zeit vergeht
    eine Wohnung begehen
    am Samstag Abend ausgehen
    Kleider die beim Waschen eingehen
    in dieser Situation so vorgehen
    mit den Kollegen mitgehen
    nur einige Gehminuten entfernt
    auf dem Gehsteig laufen
    eine Person im Rollstuhl ist gehbehindert
    usw.

Damit man aber als Nicht-Muttersprachler wie ein Muttersprachler lernen kann, muss man jemanden an seiner Seite haben, der einem alles wie einem Nicht-Muttersprachler erklärt. Was bedeutet das?

Wie ein Nicht-Muttersprachler verstehen bedeutet:

  • Die Grammatik im Detail verstehen (warum es so und nicht anders ist)
    Wir haben vorhin erwähnt, dass ein Muttersprachler nicht nur einzelne Wörter sieht, sondern mit ganzen Satzstrukturen denkt. Ausserdem kann ein Muttersprachler irrelevante Elemente in einem Satz ausblenden, ignorieren und trotzdem die Gesamtbedeutung verstehen. Ja, tatsächlich… Aber um dies zu tun, muss man zuerst lernen Grammatikstrukturen zu erkennen: was ist denn überhaupt wichtig? Ich habe das eine Wort zwar nicht verstanden, aber das spielt keine Rolle, es ist ja nicht wichtig für den Inhalt! Woran erkennt man das? Die Grammatik muss auseinandergenommen, der Satz muss wie von einem Nicht-Muttersprachler analysiert und verstanden werden. Und da geht man eventuell zum Partner, Kollegen, zum muttersprachigen Freundeskreis und fragt nach, wieso dem so sei. Die Antwort: keine Ahnung, so ist es nun mal. Anders ist es nicht richtig! Toll… da kann man als Lernender wirklich viel mit der Antwort anfangen!
    Beispiel:

    Viele Leute wollen in der Schweiz eine Stelle finden, weil sie aufgrund von Zeitungsartikeln, internationalen statistischen Wertungstabellen und gelegentlich auch direkten Erfahrungsberichten von Freunden meinen, dass hier die Löhne höher sind.
    Man muss erkennen, dass es sich lohnt diesen Satz auszuhören, da sich da das Verb – und somit die gesamte Bedeutung der Aussage – am Ende befindet. Warum denn das? Nun, weil der Satz mit einem «weil» angefangen hat und ein «weil» immer verlangt, dass das konjugierte Verb am Ende steht. Aha… da muss mein Fokus also sein, am Ende des Satzes! Egal wie kompliziert der Rest ist und ob ich ihn verstehe oder nicht – dann verstehe ich die Idee des «weil» Satzes trotzdem!
    Sehr oft ist man als Lernender irritiert, weil man vom Gegenüber eine Formulierung, eine Grammatikform gehört hat, die man nicht versteht – und wenn das passiert, dann bleibt man automatisch an dieser hängen und verliert die Aufmerksamkeit für den Rest des Satzes:
    Beispiel:

    Gestern habe ich vom Kollegen eine gute Nachricht bekommen.
    Ich muss noch schnell Geld vom Bankomaten holen.

    Grosses Fragezeichen: Hmmm, da sollte doch nicht diese Endung sein, wieso verwendet er diese Endung? Wir haben gelernt, dass «von» immer den Dativ verlangt, also verstehe ich, warum es «vom» ist, aber wieso steht das Wort dann im Dativ Plural? Kollegen, Bankomaten
    Da muss auf Nicht-Muttersprachler-Art erklärt werden, dass es sich dabei nicht um einen Dativ-Plural (mit «n» am Ende des Wortes handelt), sondern um die N-Deklination. Kollege, Bankomat und ein paar andere Wörter sind Maskuline, welche der N-Deklination angehören und somit in allen Fällen, ausser Nominativ Singular, einen «n» am Ende haben. Sogar im Genitiv: das Auto des Kollegen.

  • Wörter auseinandernehmen, analysieren und verstehen, um mit ihnen spielen zu können (welches Wort steckt hier drin, woher kommt es)
    Wir haben vorhin ebenfalls erwähnt, dass Muttersprachler mit den Wörtern spielen, dass sie von einer Grundbedeutung ausgehen und weitere Wörter bilden können. Ein Lernender muss – um irgendwann das Gleiche tun können – zuerst all diese Wörter verstehen und sie nicht als 20 verschiedene, sondern als 20 auf die gleiche Wurzel zurückzuführende betrachten. Wenn er das Prozedere zurückverfolgen und nachvollziehen kann, wird er mit etwas Übung in der Lage sein, später aktiv von einer Wurzel Bedeutungen abzuleiten.
    Beispiel:
    gehen
    • die Zeit vergeht
    (ver = eine Vorsilbe, die die Bewegung eines Objekts markiert: die Zeit bewegt sich, sie geht weg, sie vergeht)
    • eine Wohnung begehen
    (be = macht Verben transitiv, so dass nach ihnen keine Präposition, sondern direkt ein Akkusativ kommen muss: ich gehe in die Wohnung oder ich begehe die Wohung)
    • am Samstag Abend ausgehen
    (aus = hat die Bedeutung von «heraus»)
    • Kleider, die beim Waschen eingehen
    (ein = hat die Bedeutung von «hinein», also gehen die Kleider in sich hinein, sie werden kleiner)
    • in dieser Situation so vorgehen
    (vor = hat die Bedeutung von «vorne», also man geht vor, man geht so nach vorne, dass es alle sehen – man reagiert)
    • mit den Kollegen mitgehen
    (mit = hat die Bedeutung von «zusammen»)
    • nur einige Gehminuten entfernt
    (einige Minuten zu gehen – nicht weit)
    • auf dem Gehsteig laufen
    (gehen und steigen – etwas worauf man steigen muss, um zu gehen – Trottoir, höher als die Strasse, man muss darauf steigen um zu gehen)
    • eine Person im Rollstuhl ist gehbehindert
    (behindert = ein Handicap haben; gehbehindert = ein Handicap im Gehen haben, eine Person, die nur mit Handicap gehen kann – nicht wirklich laufen kann, Gehprobleme hat)
  • Stil-Unterschiede verstehen, um die richtige Wortwahl zu treffen (wann kann ich was sagen)
    Muttersprachler haben ein Sprachgefühl, Lernende haben ein Wörterbuch! Manchmal wäre es nämlich so viel besser, sie hätten kein Wörterbuch! Was ist das Problem mit einem Wörterbuch: wie sagt man denn das auf Deutsch? Schlagen wir doch nach – und da kommen fünf verschiedene Varianten. Leichtgläubig und trotzdem stolz entscheidet man sich als Lernender für die eine Variante, man sagt das laut aus und … man wird komisch angeschaut! Das sagt man doch nicht so!!! Muttersprachler verwenden automatisch das richtige Wort, können es aber nur sehr selten erklären, in welchen bestimmten Kontexten man es gebrauchen darf und wann bzw. wieso man auf ein anderes ausweichen sollte.

    Beispiel:

    Liebe Kollegen, heute habe ich Geburtstag. In unserer Büroküche besteht ein Kuchen, bitte bedient euch!
    bestehen = es gibt, es existiert (aber nur für abstrakte Sachen, Konzepte)
    Es besteht die Möglichkeit, dass wir im Lotto gewinnen.
    Es besteht die Gefahr, dass wir krank werden.
    Diese Regeln bestehen seit 100 Jahren.

    aber:
    Liebe Kollegen, heute habe ich Geburtstag. In unserer Büroküche liegt / befindet sich ein Kuchen, bitte bedient euch!
    oder:
    Liebe Kollegen, heute habe ich Geburtstag. In unserer Büroküche gibt es / findet ihr einen Kuchen, bitte bedient euch!

    Da müssten wir auch von den lokalen Gegebenheiten sprechen: man geht beispielsweise mit einem deutschen Kollegen aus und bestellt ein Bier in einem Restaurant. Der kann doch Deutsch, also mache ich es ihm nach: er sagt «ich kriege ein Bier», ich sage es auch.
    Beispiel:

    Ich kriege ein Bier – grammatisch korrekt, aber lokal geprägt.
    In Deutschland ist es völlig in Ordnung so zu bestellen, in der Schweiz klingt es wie ein Befehl und ist daher sehr unerwünscht. Ich kriege ein Bier – und zwar sofort! Die lokale Gegebenheit hierzulande ist, dass man sich höflicher ausdrückt, dass der Kunde nicht befiehlt, sondern, dass er den Kellner fragt, ob er ein Bier haben könnte:

    Könnte ich bitte ein Bier haben? (Konjunktiv II)

Erst wenn man wie ein Nicht-Muttersprachler versteht, kann man (versuchen) wie ein Muttersprachler (zu) denken und diesen auch verstehen. Das macht die Sprache viel natürlicher, viel lebensnaher, viel konkreter und zugänglicher.

Sprachen leben… sie verändern sich, sind dynamisch, einzigartig, interessant und herausfordernd, weil sie in allen menschlichen Beziehungen eine Verständigungsbrücke verkörpern. Sprachen sind Symbole, die es zu deuten gilt, Labyrinthe, die es sich lohnt zu bezwingen, nicht allein um des Ziels Willen, sondern ebenfalls für die Einzigartigkeit des Weges. Auf diesem Weg möchten wir Sie gerne begleiten. Interessieren Sie Sich für die geheimnisvolle, in Vergessenheit geratene Sprache unserer römischen Vorfahren: Latein? Fasziniert Sie die unglaubliche Genauigkeit des Deutschen und möchten diese verstehen? Oder hat es Ihnen eher die interessante Aussprache des Rumänischen angetan? … MnemosYna verspricht Ihnen einen erfolgreichen Lernprozess und eine spannende Entdeckungsreise Ihrer gewünschten Sprache.